Freundeskreis Jüdisches Leben in Waldshut-Tiengen - Mitglied der Bürgerzunft 1503 Tiengen e.V.
Jüdisches Leben in Waldshut-Tiengen

Spurensuche: Erwerbsleben der Juden

Geschichtliche Hintergründe

Im ersten Jahrtausend nach Christus lebten die Juden in Europa relativ unbehelligt unter dem Schutz der jeweiligen Obrigkeit, zunächst der Römer, später der Karolinger. Als Händler zwischen Morgen- und Abend - land gründeten sie jüdische Niederlassungen in ganz Europa und wurden teils sehr wohlhabend. Aus ihren Reihen kamen zahlreiche Gelehrte: Ärzte, Astronomen, Rechts- wissenschaftler, Übersetzer griechischer Philosophen, Schriftgelehrte, Mathematiker, Kartographen. Besonders in den toleranten islamischen Reichen von Nordafrika und Al- Andalus (Spanien) erlebten die Wissenschaften eine Blütezeit und die Juden hatten wesentlich Anteil daran. Zeit der Kreuzzüge Die Wende erfolgte mit dem 1. Kreuzzug. Europa war weitgehend christianisiert, als Papst Urban II zum Kreuzzug aufrief. Der Aufruf zum Kampf gegen die Feinde des Chri- stentums, mit dem eigentlich die Muslime gemeint waren, die damals auch das christliche Konstantinopel angriffen, wurde sehr schnell zum Kampf gegen alle Nichtchristen, beson - ders auch gegen die Juden, „die uneinsichtigen Mörder Christi“. Mit den Kreuzzügen begannen die mittelalterlichen Pogrome. Mittelalter Hinzu kam ab dem 12. Jahrhundert die Verknüpfung von religiösen und wirtschaftlichen Motiven. Den Juden wurde Landbesitz und Ackerbau verboten und sie wur - den aus den christlichen Kaufmannsgilden und Handwerkszünften ausgeschlossen. Somit blieben ihnen nur noch wenige Erwerbstätigkeiten wie Hausieren, Trödel- und Viehhandel sowie der Geld - verleih gegen Zins. Dies blieb so bis ins 19 Jahrhun - dert. Neuzeit Erst im Zeitalter der Aufklärung erhielten die Juden zunehmend wieder Bürgerrechte zugestanden. In der Verfassung des 1871 neu gegründeten Deutschen Reiches erhielten sie schließlich uneingeschränkte Bürgerrechte, was auch die freie Berufswahl beinhaltete. Obwohl die Juden in der Fol - gezeit Hervorragendes in Politik, Wissenschaften, Wirtschaft und Kunst leisteten, blieben sie weiterhin großen Vorurteilen und Misstrauen ausgesetzt, was schließlich im 20. Jahrhundert im furchtbarsten Pogrom aller Zeiten endete. Berühmte jüdische Persönlichkeiten Politik: Rosa Luxemburg, Arbeiterführerin; Golda Meir, israelische Ministerpräsidentin; Henry Kissinger, amerikanischer Außenminister; Ruth Dreifuss, Schweizer Bundesrätin Wissenschaft: Albert Einstein, Physiker; Siegmund Freud, Psychiater; Robert Oppenheimer, Entwickler der Atombombe Wirtschaft: Familie Rothschild, Bankiers; Emil Rathenau, Gründer der AEG; Helena Rubinstein, Begründerin des gleichnamigen Kosmetikkonzerns; Mark Zuckerberg, Begründer von Facebook Kunst: Marc Chagall, Maler; Arthur Rubinstein, Pianist; Jehudi Menuhin, Geiger und Dirigent, Leonhard Bernstein, Komponist, Pianist und Dirigent; Stefan Zweig, Schriftsteller; Franz Kafka, Schriftsteller; Barbra Streisand, Schauspielerin, Sängerin; Natalie Portman, Schauspielerin, Regiseurin Berühmte jüdische Persönlichkeiten NZZ-Artikel: „Der jüdische Reichtum und seine Neider“
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Jüdischer Geldverleiher Augsburg 1531
Das Bild vom reichen, geldgierigen Juden Nach dem Verständnis der Kirche verstieß die Zinsnahme gegen die göttliche Lehre. Deshalb wurde sie den Christen verboten und somit zu einer von der Obrigkeit gesteuerten Domäne der Juden. Im 14. Jahrhundert verurteilten Päpste und Konzile mehrfach den Geldhandel als „jüdischen Wucher“ und lösten damit bei den christlichen Schuldnern Hass und gewalttätige Reaktionen aus. Das Abbrennen eines jüdischen Viertels war nicht nur ein Hass- oder Racheakt, sondern hatte auch die Vernichtung zahlreicher Schuldscheine zur Folge und somit die Befreiung zahlreicher Schuldner von ihren Verpflichtungen. In dieser Zeit entwickelte sich das Bild des geldgierigen, hinterlistigen Juden, das bis heute im antisemitischen Denken  verhaftet ist. Dabei war die Zahlungsmoral besonders der Obrigkeit im Mittelalter derart miserabel, dass die Geldverleiher zu hohen Zinsen gezwungen waren, um Verluste zu vermeiden.