Freundeskreis Jüdisches Leben in Waldshut-Tiengen - Mitglied der Bürgerzunft 1503 Tiengen e.V.
Jüdisches Leben in Waldshut-Tiengen

Geschichte der Juden in Waldshut-Tiengen

im 15. bis 18. Jahrhundert

1454 Der Ritter Wilhelm von Heudorf nimmt bei zwei Tiengener Juden einen Kredit auf. Als er 1488, nach über 30 Jahren, die Summe nicht zurückzahlen kann, werden seine Bürgen, die Bauern von Eichen im Schlüchttal, in die Pflicht genommen. Diese verweigern zunächst die Zahlung und werden vom Gericht unter Androhung von „Stock und Block“ (Stockhiebe und Pranger) dazu verurteilt, ihren Verpflichtungen nach zu kommen. Dies berichten erhaltene Gerichtsakten. 1499 Die Stadt Tiengen wird von den Schweizern angegriffen. Auf Tiengener Seite kämpft der jüdische Bogenschütze Eher. Sein Pfeil tötet einen Waffenmeister aus Fribourg. Nach der Einnahme der Stadt enthaupten ihn die Schweizer. 1544 Der Stadtrat bittet Johann Ludwig von Sulz (1535 - 1547), Landgraf des Klettgaus und Stadtherr von Tiengen, die fünf in der Stadt sesshaften jüdischen Familien auszuweisen. Dieser vertröstet den Stadtrat. Zwei Jahre später nehmen dessen Söhne Wilhelm und Alwig zwei weitere Juden auf. 1559 Nachdem Ihnen das Drucken in Zürich verboten worden war, eröffnen der Jude Josef ben Naphtali und sein Sohn Elieser ben Josef in Tiengen eine Werkstatt zum Druck religiöser Schriften des Judentums. Der Vogt Bernhard Segisser von Kaiserstuhl am Hochrhein meldet dies umgehend dem Fürstbischof Christof Mechler von Konstanz, da dies in der Einwohnerschaft von Tiengen große Besorgnis hervorrufe und eine Bedrohung für den christlichen Glauben sei. Der Bischof weist eine Schließung der Druckerei salomonisch zurück, mit der Begründung: So lange die Schriften in Hebräisch verfasst seien, seien sie für Christen sowieso nicht lesbar, weshalb von ihnen auch keine Gefahr ausgehe. Die Jüdische Druckerei in Tiengen besteht nur ein Jahr. 1560 verlegen Josef ben Naphtali und sein Sohn Elieser ben Josef ihre Werkstatt nach Frankfurt. 1650 Nach dem verheerenden Dreißigjährigen Krieg (1618 - 1648) sollen Juden den Handel neu beleben. Graf Johann Ludwig II von Sulz sichert acht jüdischen Familien für zwanzig Jahre das Wohnrecht in Tiengen zu. 1689 Die Stadt Waldshut verpachtet an die Juden in der Schweiz eine Rheininsel als Begräbnisstätte, die fortan „Judenäule“ genannt wird. 1750 dürfen die Schweizer Juden zwischen Endingen und Lengnau einen eigenen Friedhof anlegen. Weil die Rheininsel verschlammt, werden 1954 die verbliebenen Gebeine und Grabsteine zum Schweizer Friedhof gebracht. 1718 Fürst Franz Adam zu Schwarzenberg genehmigt den Zuzug der Gebrüder Bernheim von Horheim nach Tiengen. Die Juden dürfen in ihren Häusern beten, aber nur bei geschlossenen Fenstern. An Sonn- und Feiertagen müssen sie das Ende des christlichen Gottesdienstes abwarten, bevor sie ihre Geschäfte öffnen dürfen. 1760 Um 1760 pachtet die Jüdische Gemeinde das Gelände an der Feldbergstraße zur Totenbestattung. Das Grundstück liegt damals etwa ein Kilometer außerhalb der Stadtmauer. Der älteste Grabstein aus dem Jahre 1764 steht noch heute auf dem Friedhof und gehört einem Seligman aus Stühlingen. 1793 Die Tiengener Juden errichten eine eigene Synagoge, wobei ihnen der Zeitgeist entgegen kommt . Die Französische Revolution fordert die Gleichberechtigung der Juden.
Bild:Wikimedia (gemeinfrei)
Die mittelalterliche Stadt Tiengen um 1700 Zum Vergrößern bitte anklicken
Bild: Gebhard Kaiser, FJL
Der Grabstein des Seligman aus Stühlingen von 1764 auf dem jüdischen Friedhof von Tiengen
Die Tiengener Synagoge in der Fahrgasse um 1930
Bild: Klettgaumuseum, Jüd. Zimmer
Das „Judenäule“ und die Nachbarinsel Grien mit Blick auf Koblenz (CH) um 1750